1. Einleitung
Der Einsatz von Lithium-Ionen-Großspeichersystemen nimmt in Industrie, Gewerbe und öffentlicher Infrastruktur rasant zu. Immer mehr Unternehmen, Kommunen und Energieversorger nutzen leistungsfähige Batteriespeicher, um Energiekosten zu senken, Lastspitzen zu vermeiden, erneuerbare Energien effizient zu integrieren und einen Beitrag zur Netzstabilität zu leisten.
Mit steigender Systemgröße – insbesondere im Megawattstunden-Bereich – wachsen jedoch die Anforderungen an Sicherheit, Brandschutz und Betriebskontinuität. Ein modernes Energiespeichersystem muss nicht nur technisch zuverlässig funktionieren, sondern auch baulich und organisatorisch so ausgelegt sein, dass im gesamten Lebenszyklus höchste Sicherheitsstandards eingehalten werden.
Dieser Bericht richtet sich an Planer, Betreiber, Projektentwickler und Entscheidungsträger aus Industrie, Gewerbe und Energieversorgung. Er bietet einen praxisnahen Überblick über die zentralen Aspekte des Sicherheits- und Brandschutzkonzepts für stationäre Lithium-Ionen-Speichersysteme – von der technischen Planung über die bauliche Umsetzung bis hin zum sicheren Betrieb.
Der Fokus liegt auf den praktischen Anforderungen an den baulichen, technischen und organisatorischen Brandschutz sowie auf den Maßnahmen, die für einen sicheren, wirtschaftlichen und nachhaltigen Betrieb von Batteriespeichersystemen erforderlich sind.
Als Systemanbieter und Generalunternehmer für Energiespeicherprojekte setzt Shinefar Solar GmbH in allen Projektphasen auf höchste Sicherheitsstandards – von der Konzeption über die Installation bis zum laufenden Betrieb. So stellen wir sicher, dass jede Anlage nicht nur energieeffizient, sondern auch dauerhaft sicher und verlässlich betrieben werden kann.
2. Technische Grundlagen und Systemaufbau
Ein Lithium-Ionen-Großspeichersystem ist ein Zusammenspiel mehrerer Komponenten, die elektrische Energie speichern, umwandeln und steuern.
Hauptbestandteile:
- Batteriemodule/-pakete zur chemischen Speicherung
- Batterie-Management-System (BMS) zur Überwachung von Spannung, Temperatur und SoC
- Power Conversion System (PCS/Wechselrichter) zur Umwandlung DC/AC
- Transformator und Mittelspannungsschaltanlage (MVPS) für Netzanschluss
- Energie-Management-System (EMS) zur Betriebs- und Ladestrategie
- Hilfseinrichtungen wie Kühlung, Belüftung, Löschtechnik und Not-Aus Installationsformen sind Container, Technikräume oder Gebäude. Typische Anwendungen: Peak Shaving, Eigenverbrauchsoptimierung, Regelenergie, Notstrom und Ladeinfrastruktur.
3. Rechtliche und organisatorische Grundlagen
Planung, Errichtung und Betrieb erfordern eine frühe Abstimmung zwischen Betreiber, Planer, Installationsfirma, Netzbetreiber, Versicherung und ggf. Behörden.
Zentrale Anforderungen:
- Bauliche Sicherheit: Schutz vor Brand, Explosion, unbefugtem Zutritt
- Elektrische Sicherheit: Schutz vor Kurzschluss, Überspannung, Fehlströmen
- Betriebliche Sicherheit: klare Verantwortlichkeiten, Notfallplanung, regelmäßige Prüfungen
- Umweltschutz: Umgang mit Löschwasser, Kühlmedien und wassergefährdenden Stoffen Die Gesamtanlage benötigt ein dokumentiertes Sicherheitskonzept, das alle brandschutz- und betriebsrelevanten Aspekte abdeckt.
4. Baulicher Brandschutz – Maßnahmen des vorbeugenden Brand- und Gefahrenschutzes
4.1 Gefährdungsbeurteilung
Obwohl Lithium-Ionen-Zellen umfangreich geprüft werden, kann es durch externe Einwirkungen oder hohe Umgebungstemperaturen zu Thermal-Runaway-Ereignissen kommen. Ziel des baulichen Brandschutzes ist, Wärmeübertragung auf die Batterien zu verhindern und eine Brandausbreitung zu unterbinden.
Grundsätze:
- Räumliche Trennung von Batterien, Wechselrichtern und Transformatoren
- Feuerbeständige Einhausungen mit definiertem Feuerwiderstand
- Regelmäßige Inspektionen im Betrieb
- Beachtung erhöhter Risiken bei Second-Life-Batterien
4.2 Anforderungen an Brand- und Explosionsschutz
Wirksame Mittel gegen Brandausbreitung:
- Sicherheitsabstände von 5–10 m zu Gebäuden/Anlagen
- Trennwände mit Feuerwiderstand mind. F90
- Getrennte Räume/Container für Batterie, PCS und Trafo Bei Innenaufstellung ist zu prüfen, ob ein Raum mit erhöhter Brandgefährdung vorliegt; dann sind massive, feuerhemmende Wände und selbstschließende Türen notwendig. Eine Druckentlastung ist vorzusehen, um Überdruck gezielt nach außen zu führen.
4.3 Lüftung, Gasdetektion und Druckentlastung
Erforderlich sind:
- Gasdetektoren (HF, CO, H₂) mit Alarmweiterleitung
- Zwangs- oder natürliche Belüftung zur Vermeidung von Gasansammlungen
- Druckentlastungsöffnungen an Außenwänden/über Dach
- Erhalt der Feuerwiderstandsfähigkeit auch bei Druckanstieg
4.4 Zugänglichkeit, Rettungswege und Feuerwehrzugang
Zugänge müssen sicher, ebenerdig und von außen erreichbar sein. Türen öffnen nach außen und sind deutlich zu kennzeichnen („Achtung: Lithium-Ionen-Batterien“). Anfahrtswege erlauben einen sicheren Löschangriff.
4.5 Löschwasserversorgung und Brandschutzeinrichtungen
Auslegung der Löschwasserversorgung entsprechend Einsatzfall. Empfohlen werden:
- Feinsprüh- oder Gaslöschanlagen
- Brandmeldeanlage (BMA) mit direkter Alarmierung
- Automatische Netztrennung Diese Systeme stoppen ggf. nicht jeden Zellbrand, begrenzen aber die Ausbreitung und Folgeschäden.
4.6 Zielsetzung
Verhinderung von Brandentstehung und -ausbreitung, Schutz von Personen/Sachwerten, Unterstützung des Feuerwehreinsatzes sowie Minimierung von Umweltbelastungen. Grundlage für Genehmigungsfähigkeit, Versicherbarkeit und Betriebssicherheit.
5. Anlagentechnischer Brandschutz
Umfasst alle aktiven und passiven technischen Systeme zur Vermeidung, Detektion und Bekämpfung von Bränden.
5.1 Branddetektion und Alarmsysteme
Automatische BMA nach DIN 14675 mit Detektionsmix aus:
- Rauch (Punktmelder, RAS)
- Wärme (Punkt- und lineare Wärmesensoren)
- Gas (Elektrolytdämpfe/HF/CO)
- Mehrsensor-Technologie zur Unterscheidung von Batterie- vs. Elektronikbränden Die BMA koppelt mit Lüftung/Entrauchung und der Sicherheitsabschaltung (AC/DC).
5.2 Automatische Löschanlagen
Anlagentypen und Eignung:
- Inertgas (N₂/Ar/CO₂): Sauerstoffverdrängung in dichten Räumen; Haltezeit-Nachweis erforderlich.
- Feinsprüh-/Wassernebel: effiziente Wärmeabfuhr, Rauchgasreduktion, Propagationshemmung.
- Aerosol: nur ohne oxidierende Stoffe; Eignungsnachweis projektspezifisch.
- Schaum: nur in spannungsfreien Bereichen nach Gefährdungsanalyse. Wirksamkeit ist durch unabhängige Prüfungen/Zertifikate (z. B. VdS) zu belegen.
5.3 Entrauchung und Druckentlastung
Automatisch gesteuerte Entrauchung führt heiße Gase und Überdruck sicher ins Freie, verhindert Rückströmungen und erhält die Raumabschlussfunktion (F90 oder höher).
5.4 Halbstationäre Löschanlagen
Feste Rohrnetze mit manueller/halbautomatischer Einspeisung durch die Feuerwehr. Voraussetzungen:
- vollständige BMA-Überwachung
- genormte Einspeisepunkte (Storz C/D)
- Füllzeit Rohrnetz ≤ 8 min
- sichere Zugänglichkeit und geregelte Löschwasserableitung
5.5 Nachweis der Wirksamkeit
Wirksamkeit über Wiederholungsversuche und Prüfnachweise dokumentieren. Schutzziele: begrenzter Schadenumfang, Schutz der Umgebung/Umwelt, hohe Anlagenverfügbarkeit. Prüffristen mit Behörden und Versicherern abstimmen.
6. Abwehrender Brandschutz
6.1 Einsatztaktische Empfehlungen
Wasser ist das bevorzugte Löschmittel, primär zur Kühlung. Sicherheitsabstände gemäß DIN VDE 0132 einhalten. Löschangriffe aus Deckung oder ferngesteuert; freigesetzte Elektrolytdämpfe mit Sprühstrahl niederschlagen und Räume sofort belüften. Kühlung ab ca. 80 °C Moduloberfläche beginnen. Nach dem Einsatz ggf. Verfahren nach FwDV 500 anwenden.
6.2 Schutz der Einsatzkräfte
Vollschutz nach DGUV 205-014/DIN EN 469, umluftunabhängiger Atemschutz, Gasmesstechnik (HF/CO). Nachbereitung der PSA gemäß DGUV 205-035.
6.3 Maßnahmen nach Brandereignis
Einsatzstelle nur im gesicherten Zustand übergeben; Betreiber informieren. Beschädigte Batteriesysteme als Gefahrgut gemäß ADR SV 376 behandeln. Räume weiter belüften; für beschädigte Akkus getrennte, brandschutztechnisch abgetrennte Lagerzonen vorsehen.
6.4 Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Behörden
Schon in der Planung: Feuerwehr-Informationsmappe (Lageplan, Zugänge, Abschaltstellen, Gefahrstoffe), Objektbegehungen, Schulungen, regelmäßige Alarmübungen. Das senkt Reaktionszeiten und erhöht Einsatzsicherheit.
6.5 Nachsorge und Dokumentation
Ursachenanalyse, Protokollierung, Lessons Learned und Aktualisierung des Sicherheitskonzepts. Kontinuierliche Verbesserung ist Ziel.
7. Organisatorische Maßnahmen
Organisatorische Maßnahmen bilden das Rückgrat des sicheren Betriebs: Sie regeln Verantwortlichkeiten, Prozesse, Schulungen und Kommunikation zwischen Betreiber, Service und Behörden.
7.1 Verantwortlichkeiten
Nach Errichtung trägt der Betreiber die Verantwortung für den sicheren Betrieb. Er erstellt und pflegt die Gefährdungsbeurteilung, setzt Herstellervorgaben um und kontrolliert regelmäßig die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen. Bei Auslagerung an Dienstleister sind Zuständigkeiten vertraglich festzuhalten; Subunternehmer führen eigene Gefährdungsbeurteilungen durch.
7.2 Gefährdungsbeurteilung
Gilt für Normalbetrieb, Wartung/Instandhaltung, Störfall/Brand/Evakuierung und Außerbetriebnahme. Vorgehen in sieben Schritten:
- Arbeitsbereiche und Tätigkeiten festlegen
- Gefährdungen ermitteln
- Risiken bewerten
- Schutzmaßnahmen nach STOP-Prinzip festlegen
- Maßnahmen umsetzen
- Wirksamkeit überprüfen
- Maßnahmen fortschreiben (mind. jährlich) Alle Maßnahmen sind zu dokumentieren und im Rahmen von Unterweisungen zu kommunizieren.
7.3 Schulung und Unterweisung
Regelmäßige Schulungen zu elektrischem Arbeitsschutz, Verhalten im Brandfall und Evakuierung, Umgang mit Abschaltsystemen/Batteriewarnsignalen/Löschtechnik, Erste Hilfe und Kommunikation mit Einsatzkräften. Jede Schulung wird protokolliert und mindestens jährlich wiederholt.
7.4 Notfallorganisation und Kommunikation
Standortbezogener Alarm- und Notfallplan mit Zuständigkeiten, Abläufen und Kontaktketten; Abstimmung mit der Feuerwehr und regelmäßige Tests. Benennung eines internen Brandschutzbeauftragten als zentraler Ansprechpartner wird empfohlen.
7.5 Dokumentation und kontinuierliche Verbesserung
Inspektionen, Prüfungen und sicherheitsrelevante Maßnahmen nachvollziehbar dokumentieren. Bei Änderungen, Beinaheunfällen oder neuen Erkenntnissen die Gefährdungsbeurteilung aktualisieren. Ein jährliches Sicherheitsreview stellt die Konformität mit dem Stand der Technik sicher.